Klimaschutz im In- und Ausland

Der Milliarden Joker

Mit dem Klimavertrag von Paris hat sich die Weltgemeinschaft ambitionierte Ziele zur Bekämpfung der Klimaerwärmung gesetzt. Die Selbstverpflichtung der Staaten ist jedoch rechtlich unverbindlich und reicht bei ihrer Umsetzung bei weitem nicht zur Erreichung des Zwei-Grad-Zieles aus. Um die verbleibende Lücke zu schließen, muss neben nationalen Maßnahmen der Blick auch auf internationale Klimaprojekte gerichtet werden. Viele Unternehmen agieren klimaneutral, aber auch Privatpersonen versuchen möglichst klimafreundlich zu leben. Von Konzernen und Staaten werden aber vermehrt auch die Möglichkeiten genutzt, Emissionszertifikate zu kaufen oder direkt in Projekte zu investieren. Dabei kann es sich um Aufforstungsmaßnahmen handeln, aber auch Finanzzuschüsse an ärmere Länder helfen beim Aufbau der Infrastruktur, sowie bei der Anpassung an den Klimawandel und können somit auch den Migrationsdruck verringern. Wie Europa durch freiwillige Klimaneutralität nichtstaatlicher Akteure und durch Lenkungsmaßnahmen der Länder jährlich mindestens 5 Mrd. t CO2 global kompensieren und ein klimapositiver Kontinent werden kann, war Thema der Veranstaltung „Der Milliarden-Joker: Klimaschutz im In- und Ausland“ wo wir die wichtigsten Aussagen zusammengefasst haben:

Dr. Dr. Dr. Franz Josef Rademacher

Um die Welt für alle gut zu gestalten, muss das Klimaproblem gelöst werden. Die afrikanische Bevölkerung wird sich in den nächsten 30 Jahren verdoppeln, bis 2100 vervierfachen. Es ist wichtig den Wohlstand in diese Länder zu bringen. Wohlstand bedeutet aber Ressourcenverbrauch und ein Anstieg der CO2-Emissionen. China hat zur Zeit mehr CO2-Emissionen als Europa, USA und Japan zusammen. Die Volksrepublik hat auch einen höheren Pro-Kopf-CO2-Ausstoß als Europa. Das Klimaproblem wird nicht regional gelöst werden können. Es werden aber oft unsinnige Maßnahmen gesetzt, wie etwa die Flugreisen einzuschränken, da der Tourismus für viele ärmere Länder eine große Einnahmequelle darstellt. Beschlüsse wie in Pairs zum Klimaschutz sind zahnlos, wenn die geforderten Maßnahmen nicht umgesetzt werden. Die reichen Länder müssen 100 Mrd € an die ärmeren Länder bereitstellen, damit die Klimaziele umgesetzt werden können. Der Begriff Dekarbonisierung muss kritisch betrachtet werden, da 80 % der Energie aus Kohlenstoff besteht. In Österreich kann mit Biomasse viel bewirkt werden. Hohe Berge, viel Wald und eine geringe Anzahl an Einwohner wirken sich positiv aus. In Nigeria wird die Bevölkerung in nächster Zeit um 200 Mio zunehmen, im Gegensatz zu Ländern wie Kanada und Australien, wo sehr wenige Einwohner auf eine große Fläche verteilt leben. Es muss danach getrachtet werden, dass der Regenwald bestehen bleibt und aufgeforstet wird. Dieser muss auch genutzt werden, damit Einnahmen für die betreffenden Länder lukriert werden. Es ist sinnvoll, wenn mit klima-neutralen Brennstoffen wie etwa Pellets geheizt wird. In Zukunft muss Kohlenstoff eingelagert werden. Für die Mobilisierung der erforderlichen Summen wurde die Allianz für Entwicklung und Klima gegründet. Ganz nach dem Motto „Think big“, erledige die Hausaufgaben, aber denke global.

Klimaschutz im Inland

Dr. Jürgen Schneider, Bundesministerium

für Nachhaltigkeit und Klimaschutz

Die Arktis auf der Nordhalbkugel wird viel schneller erwärmt als der Rest der Erde. Dies beeinflusst den Jet-Stream, der nun zu ändern beginnt. Es wird Kaltluft in die gemäßigten Regionen gedrückt. Global gesehen ist die Klimaerwärmung in Europa weit fortgeschritten. Für die Klimastrategie müssen bestehende Maßnahmen weiter verfolgt werden, aber auch neue Pfade beschritten werden. Die Rahmenbedingungen müssen national, aber auch europaweit, geschaffen werden. Das Pariser Klimaübereinkommen muss ohne Abstriche umgesetzt werden. Die reichen europäischen Länder sind unbedingt in der Bringschuld bei der Förderung von ärmeren Ländern. Diese Gelder kommen aber nicht nur aus der öffentlichen Hand, sondern müssen die Summe aller Maßnahmen sein. Die EU Ratspräsidentschaft von Österreich hat in diesem Sinne viel umgesetzt, aber insbesondere beim wichtigen Artikel 6 konnte noch keine Einigung erfolgen. Der Zertifikathandel mit CO2-Emissionen war auf einem falschen Pfad, da die CO2-Emissionen zu günstig gehandelt wurden. Dies wurde nun korrigiert. Das Erneuerbare Energie Gesetz hat in Deutschland zu einem guten Erfolg in diesem Sinne geführt. Der Umstieg auf erneuerbare Energie hat bewirkt, dass bei 60%igen Wirtschaftswachstum die Emissionen um ein ein Viertel abgenommen haben. Beim Lösen der Klimaprobleme muss global die gesamte Welt mitmachen. Die Blockade durch die USA ist hier natürlich nicht sehr hilfreich, aber in einigen Bundesstaaten der USA gelten dieselben, teilweise auch strengere Umweltgesetze, womit hier eine Unterstützung gegeben ist. Klimaschutz kostet Geld, aber dies muss unbedingt in die Hand genommen werden, um die Ziele zu erreichen und das Klima und die Welt von morgen zu retten.

 

 

Kompensationsprojekte im Ausland

Mag. Hanna Simons, stv. Geschäftsführerin WWF Österreich und Leiterin der Naturschutzabteilung

Ziel ist der Schutz der Biodiversität und eine völlige Vermeidung von Treibhausemissionen. Die erneuerbaren Energien sollen genutzt werden. Eine Reduktion des Primärenergiebedarfs ist unbedingt erforderlich. Eine Reduktion von 37 % würde eine 90%ige Abdeckung aus erneuerbaren Energien ermöglichen. Der WWF sieht die Treibhausgaskompensationsprojekte im Ausland nicht als Lösung für die heimischen Klimapolitik-Probleme. Klimaschutz braucht eindeutig Emissionsreduktionen und keine Kompensationen durch Zertifikate. Hier werden leider oft undurchsichtige und nicht nützliche Projekte unterstützt. 75 % haben keine positiven Effekte und lediglich 2 % sind als sehr sinnvoll und unbedenklich einzuschätzen, so der WWF. Beim Klimaschutzabkommen von Paris haben sich alle Staaten verpflichtet mit höchst möglichen Ambitionen Treibhausgase zu reduzieren. Der Anreiz sich nicht klimaschädlich zu verhalten wird durch den Ankauf von Zertifikaten nach unten reduziert. Dies kann zu einem Rebound-Effekt führen und somit steigen die Emissionen im Gesamten betrachtet an. Es ist aber vor allem die Politik gefordert hier aktiv zu werden und nicht durch Alternativmaßnahmen „Schlupflöcher“ zu kreieren.

Klimaschutz ist nicht nur ein einzelnes Anliegen, sondern bedarf eines gemeinsamen Konsens. Die heimische Biomassebranche exportiert 80 % der Produkte, aber auch der heimische Absatzmarkt ist für diese Branche sehr wichtig. Die Konsequenzen des Klimawandels sind in Österreich schon stark spürbar. Die Schädlinge haben zugenommen, Dürreperioden aber auch Umweltkatastrophen sind Beispiele dafür. Ackerbauern sind auch in einer Bringschuld, da ein Boden nicht ausgelaugt werden soll. Es wichtig, dass alle an einem Strang ziehen. Die Wirtschaft soll beim Klimaschutz nicht das Problem, sondern ein hilfreiches Werkzeug für die Lösung zum Erreichen der Ziele sein. Innovative Produkte sind hier probate Hilfsmittel. Ein Umdenken in der Gesellschaft ist aber auch eine Grundvoraussetzung für die Akzeptanz von Maßnahmen. Die Jugend geht mit Initiativen wie „Fridays for future“ aktiv auf die Straße und zeigt der Politik plakativ auf, dass sofortiges Handeln notwendig ist und nicht Ziele in weiter Ferne gesteckt werden sollen. Die Politik versucht auch privates Kapital (green-finance) zu lukrieren, damit die erforderlichen Maßnahmen finanziert werden können. Das Erneuerbare Energie Gesetz sollte rascher vorangetrieben werden. Hier sind aber politische Wege oft schwerfällig. Alle sind aufgerufen den Unmut über zu langsame Umsetzung der Klimaziele, dies laut kund zu tun. Nachhaltiges Denken und Wirtschaften ist eine Grundbasis. Der WWF weist darauf hin, dass auch Erneuerbare Energien nicht unendlich vorhanden sind. Es muss aber auf jeden Fall das Energiesparen vorangetrieben werden, nur so ist ein positiver Horizont absehbar. Ein Verbot ist ein probates Mittel, da dem einzelnen die gesellschaftliche Verpflichtung auch ohne Strafen aufzeigt, dass die Einhaltung von Vorschriften sinnvoll ist und für jeden einen positiven Effekt hat, auch wenn dies nicht auf den ersten Blick sichtbar schein mag. Die Landwirtschaft ist ein Hauptbetroffener durch den Klimawandel. Schäden von 1,4 Mrd € sind schon jetzt vorhanden. In den nächsten Jahren werden sich diese Zahlen nach Schätzungen verdoppeln. Eine nachhaltige Land- und Forstwirtschaft ebnet den Weg. Niemand darf sich zurücklehnen und sich nur mit den Erfolgen brüsten. Es ist wichtig, dass der Wohlstand in Afrika durch verschiedenste Maßnahmen gehoben wird. Dafür müssen alle Länder bereit sein, Geld in die Hand zu nehmen. Die Lebensgrundlagen der heimischen Bevölkerung in diesen Ländern müssen erhalten und auch verbessert werden. Österreich hat als eines der reichsten Länder der Welt die Verpflichtung hier aktiv zu werden. Erneuerbare Energie muss kostengünstiger werden, damit ein Einsatz sich in der Praxis schon früher amortisiert. Somit können Anreize für alle Marktpartner geschaffen werden. Biomasse hat in der chemischen Zusammensetzung doppelt so viel Wasserstoff als Heizöl, daher könnte dies als Grundlage für die Herstellung von synthetischem Gas genutzt werden. Somit könnten bestehende Gasheizungen mit umweltfreundlichen Gas betrieben werden. Bei Biomassefernheizanlagen kommen die Brennstoffe oftmals aus dem Ausland und werden zu dem noch über weite Strecken mit dem LKW und nicht umweltfreundlich auf der Schiene antransportiert. Dies steht im Widerspruch zu der deklarierten CO2-neutralen Verbrennung. Alle Diskussionsteilnehmer sind sich einig, dass eine ökologische Steuerreform das Gebot der Stunde ist.

sf

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